Tipico unter Druck: Streit um Glücksspiel spitzt sich zu

Tipico will sich nicht hinter Bill 55 verstecken – Was bedeutet das für die deutsche Glücksspielbranche?

Die Aussage Hefers, dem Bill55-Gründer, sorgt in der Branche für Aufsehen: Sollte sich die Rechtsauffassung zu historischen Online-Wetten durchsetzen, drohen Anbietern wie Tipico Rückzahlungsforderungen in Milliardenhöhe.


Casino Nachrichten Tipico Bill55

„Bill 55“ gilt als wichtiges Gesetz aus Malta, das dort ansässigen Glücksspielunternehmen rechtlichen Schutz vor Klagen aus dem Ausland bietet, was normalerweise auch rückwirkend gilt. Tipico war bis 2020 mit maltesischer Lizenz in Deutschland aktiv. Nun könnte für das Unternehmen dieses Gesetz besonders wichtig sein. Schließlich soll es mögliche Rückforderungen deutscher Spieler wegen historischer Online-Wetten abwehren. Jetzt ist es aber so, dass genau dieser Schutz unter juristischen Druck gerät und Auswirkungen auf die Branche haben könnte.

Drohende Rückzahlungen: Wie könnte das Urteil des EuGH Tipico betreffen?

Es ist möglich, dass der EuGH Online-Wetten von Tipico vor 2020 rückwirkend für illegal erklärt. Sollte das passieren, drohen dem Anbieter erhebliche Rückzahlungsverpflichtungen. Spieler, die damals ihre Einsätze und möglicherweise die Kontrolle über ihr Spielverhalten verloren haben, könnten diese zurückfordern. Für Tipico bedeutet das ein potenzielles Milliardenrisiko. Aktuell klagt ein deutscher Spieler, da er damals Einsätze verloren hat. Der Ausgang dieses speziellen Falls könnte richtungsweisend für hunderte ähnliche Verfahren sein. Der BGH hatte den Fall an den EuGH abgegeben, damit dieser ein Urteil fällt.

Rechtliche Grauzone: Tipicos ethische Verantwortung und Geschäftsmodell

Es steht aber nicht nur die juristische Debatte im Raum. Auch die ethische Frage kommt auf: „Hat der Anbieter Tipico bewusst in einer rechtlichen Grauzone agiert, als es mit Lizenz Maltas deutsche Kunden bediente?“ Kritiker sehen es zumindest so und werfen dem Anbieter vor, Profit über Rechtssicherheit gestellt zu haben. Das wird vor allem deswegen unterstellt, da der deutsche Glücksspielmarkt damals noch unklar reguliert war. Tipico vertritt und betont jedoch die Meinung, stets im Rahmen des geltenden EU-Rechts gehandelt zu haben. Ob diese Geschäftsstrategie rückblickend gerechtfertigt war, wird jetzt von den höchsten Richtern sowohl rechtlich als auch moralisch bewertet.

Prozessfinanzierer und ihre Rolle in den aktuellen Verfahren

Die Zahl von Rückforderungsprozessen zu früheren Online-Wetten steigt enorm, weswegen Prozessfinanzierer immer relevanter werden. Diese Investoren übernehmen für Spieler die Klagekosten, natürlich gegen Beteiligung an möglichen Rückzahlungen. Bill55-Gründer kritisiert dieses Modell der Prozessfinanzierung scharf. Er meint, dass es längst nicht mehr um den Schutz einzelner Spieler geht. Stattdessen sind es in seinen Augen strategisch gesteuerte Massenklagen, bei denen finanzielle Interessen im Hintergrund stehen. Die eigentlichen Kläger treten kaum in Erscheinung, während Investoren sich zum Ziel gesetzt haben, hohe Vergleichssummen herauszuschlagen. Wie fair und transparent solche Verfahren ablaufen, ist für ihn fraglich.

Wie sieht die Zukunft für Tipico und die deutsche Glücksspielbranche aus?

Die Ausgänge der laufenden Verfahren könnten weitreichende Folgen für Tipico und allgemein den deutschen Glücksspielmarkt haben. Sollte der EuGH die Klagen der Prozessfinanzierer stützen, drohen finanzielle Belastungen für Anbieter und eine rechtliche Neubewertung des gesamten Marktes. Künftig könnten strengere Vorgaben für Lizenzen, Rückforderungen und Verbraucherschutz entstehen. Gleichzeitig wächst aber auch der Druck auf Gesetzgeber, klare und einheitliche Regeln zu schaffen, um die vorhandenen Grauzonen, wie sie vor 2020 vorhanden waren, zu vermeiden. Die Entscheidungen der nächsten Monate könnten den Glücksspielmarkt in Deutschland durcheinander wirbeln und langfristig rechtlich, wirtschaftlich und politisch prägen.

Tipico als Vorreiter für eine klare Glücksspielregulierung?

So brisant und schwierig die Auseinandersetzung für Tipico auch ist, sie könnte ein Weichensteller für mehr rechtliche Klarheit im Online-Glücksspiel sein. Der Fall zwingt Gerichte und Gesetzgeber dazu, offene Fragen zur Vergangenheit der Wettangebote im Online-Bereich zu klären und verbindliche Standards für die Zukunft zu schaffen. Damit könnte Tipico dazu beitragen, dass der deutsche Glücksspielmarkt transparenter, konsistenter und rechtssicherer wird. Über weitere News zum Thema informieren wir dich in unseren Casino Nachrichten.

Petra Zeitz - Chefredakteur

Petra Zeitz

Head of Global Casino Content

363 Artikel
Ich bin Petra Zeitz und teste für dich Online Casinos und Spiele. Als Journalistin arbeite ich seit vielen Jahren im iGaming Bereich. Zuvor veröffentlichte ich Bücher und produzierte Content für Webseiten. Bei CasinoTopsOnline bin ich für den deutschsprachigen Inhalt des Casino-Ratgebers mit seinen Testberichten und Bewertungen verantwortlich. Da sich die Branche ständig verändert, gibt es immer wieder Neues zu entdecken. 2022 erschien mein Buch "Online-Casinos im deutschsprachigen Raum - Entwicklung und Legitimation" mit Informationen über den deutschsprachigen Glücksspielmarkt.

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