Strafanzeige gegen Evoke-CEO: Eskaliert der Graumarkt-Krieg?
Die rechtlichen Auseinandersetzungen im europäischen Online-Glücksspiel haben eine neue Eskalationsstufe erreicht. In Österreich wurde erstmals eine private Strafanzeige gegen einen amtierenden CEO eines internationalen Glücksspielkonzerns eingereicht. Der Vorwurf richtet sich gegen Per Widerström, den Chef von Evoke, dem Unternehmen hinter Marken wie William Hill und Mr Green. Ein Spieler fordert rund 700.000 Euro an Verlusten zurück. Was bisher vor allem über Zivilklagen ausgetragen wurde, entwickelt sich nun zu einer direkten Bedrohung der persönlichen Haftung.

Vom Unternehmensrisiko zur persönlichen Verantwortung
Die Strafanzeige markiert einen Wendepunkt für den Graumarkt. In den vergangenen Jahren richteten sich die österreichischen Verfahren ausschließlich gegen die Unternehmen selbst. Jetzt steht erstmals nicht mehr nur der Anbieter im Fokus, sondern eine einzelne Führungsperson, die persönlich zur Verantwortung gezogen werden soll.
Evoke hat für laufende Rechtsstreitigkeiten in Deutschland und Österreich bereits 116 Millionen Pfund zurückgestellt, was zeigt, wie ernst die Lage ist. Trotz dieser erheblichen finanziellen Vorsorge setzt das Unternehmen seine Abwehrstrategie fort, was nun in eine strafrechtliche Verfolgung des CEOs führt. Der Fall macht deutlich, dass Graumarkt-Aktivitäten nicht mehr nur zivilrechtliche Konsequenzen haben, sondern zunehmend auch strafrechtliche Risiken für das Management.
Warum Österreich für Deutschland zum Präzedenzfall wird
Auch wenn Deutschland über einen regulierten Markt verfügt, ist der österreichische Fall hochrelevant. Österreichs Glücksspielmonopol bildet seit Jahren die Grundlage dafür, dass Spieler Verluste von nicht lizenzierten Online-Anbietern zurückfordern können. Parallel arbeitet das Land bereits an einer Reform des Systems und der Beendigung des Online-Glücksspiel-Monopols bis Ende 2025.
Grund für die Eskalation ist zudem Maltas Gesetz Bill 55, das verhindern soll, dass ausländische Urteile gegen maltesisch lizenzierte Glücksspielanbieter vollstreckt werden. Viele Anbieter, darunter Evoke, berufen sich darauf, um Rückforderungen abzuwehren. Doch das Schutzschild wackelt. Die EU-Kommission hält Bill 55 für einen Verstoß gegen das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen. Der EuGH prüft bereits die Rechtslage.
Fällt Bill 55, werden Rückforderungsansprüche in Deutschland deutlich leichter durchsetzbar. Der aktuelle Fall zeigt damit unmittelbar, welche Tragweite die Entscheidung des EuGH für den gesamten DACH-Markt haben könnte.
Zunehmender Druck auf illegale Anbieter
Der Fall rund um die Strafanzeige gegen den Evoke CEO entfaltet eine deutliche Signalwirkung für den gesamten Graumarkt. Er zeigt, dass das Betreiben von Online-Glücksspiel ohne nationale Lizenz in regulierten Märkten nicht nur zivilrechtliche Risiken beinhaltet, sondern inzwischen auch strafrechtliche Folgen haben kann, die bis zur persönlichen Haftung reichen.
Für Spieler wird gleichzeitig sichtbar, wie riskant Angebote außerhalb des regulierten Marktes sind. Wer bei einem illegalen Anbieter spielt, muss im Streitfall sein Geld oft über langwierige Rückforderungen einfordern. In lizenzierten Märkten sieht die Situation anders aus. Dort setzen seriöse Anbieter auf transparente Prozesse und sichere Zahlungsmethoden wie PayPal, was ein Hinweis auf finanzielle Verlässlichkeit ist.
Die Strafanzeige gegen die Führungsspitze eines internationalen Konzerns zeigt daher nicht nur die Verschärfung der regulatorischen Lage, sondern wirkt als deutliche Abschreckung für Betreiber, die weiterhin ohne Erlaubnis aktiv sind.
🔍 Expertenmeinung
Die bisherige Schutzwirkung von Maltas Bill 55 steht vor dem Ende. Sollte der EuGH das Gesetz kippen, verlieren viele Anbieter ihr wichtigstes Abwehrinstrument gegen Rückforderungen. Damit würden Spielerklagen europaweit deutlich einfacher. Gleichzeitig verschiebt sich die Verantwortung zunehmend auf die persönliche Ebene der Manager. Der Fall markiert damit einen möglichen Wendepunkt für den gesamten europäischen Graumarkt.
Faktencheck von Petra Zeitz
Leiter Global Casino Content